Einleitung
Die Ameisen gehören zur Klasse der Insekten (lat. Insecare = einschneiden), von denen es bis heute über 1 Million bekannte Arten gibt. Im Vergleich mit den uns bekannten Vogel- (ca. 8500 Arten) und Säugetierarten (ca. 5500 Arten) ist das schon eine beachtliche Vielfalt. Die grösste Ameisenvielfalt kommt in den Tropen vor. In Mitteleuropa hingegen (also auch in der Schweiz) gibt es nur an die 100 verschiedenen Arten.
Die zwei häufigsten Ameisenarten in der Schweiz sind Formica lugubris, die Gebirgswaldameise, welche mit Abstand die häufigste Waldameisenart in der Schweiz darstellt und
Formica rufa, welche auch als „Klassische Rote Waldameise“ bekannt ist.
Welche Ameisenart ist geeignet?
Bei der Ameisenhaltung gibt es Haltungsklassen, in welche man die verschiedenen Arten einteilen kann. Das heisst, dass z.B. die Haltungsklasse 1 Ameisenarten umfasst, welche leicht zu pflegen sind und auf Grund ihrer robusten Verfassung schon mal ein paar Anfängerfehler verzeihen können. Da ich noch keine Erfahrung bei der Haltung von Ameisen hatte, habe bewusst die Ameisenart Lasius Niger gewählt, da ich eine Art der Haltungsklasse 1 halten wollte
Verschiedene Gestaltausprägungen innerhalb der gleichen Art
In einem Ameisenstaat gibt es unterschiedliche Arten von weiblichen Tieren, die Königin und die Arbeiterinnen. Die Königin wird dabei als Gynomorphe und die Arbeiterinnen als Ergatomorphe bezeichnet. Um die eine Königin zu finden bzw. erkennen zu können ist es wichtig, dass man einige Unterscheidungsmerkmale kennt:
- Die Körpergrösse kann je nach Art gewaltig sein. Die Königin ist stets grösser als die einfache Arbeiterin.
- ie jungen noch nicht befruchteten Königinnen haben im Gegensatz zu den Arbeiterinnen Flügel. Nach der Begattung werden diese jedoch abgeworfen.
- Die Königin hat voll funktionsfähige Eierstöcke, was auch äusserlich durch die Grösse gut ersichtlich ist. Die Arbeiterinnen haben im Vergleich einen wesentlich kleineren Hinterleib, da ihre Eierstöcke nur schwach ausgebildet sind und sich aus wenigeren Eischläuchen zusammensetzen. Diese degenerieren sich nach einer gewissen Zeit. Arbeiterinnen mit zurückgebildeten Eierstöcken können keine Eier legen.
- Das Gehirn einer Arbeiterin ist bei jenen Bereichen, die fürs Sozialleben bedeutsam sind deutlich stärker ausgeprägt, als das der Königin. Da sie nur reproduktive Funktionen hat.
Die obigen Unterschiede verdeutlichen, dass die Königin und die Arbeiterin zwei gut voneinander differenzierbare Gestaltsausprägungen (innerhalb des gleichen Geschlechts) haben. Diese verschiedenen Erscheinungsformen innerhalb der gleichen Art werden auch Polymorphismus genannt. Bei solchen polymorphen Arten unterteilt man die verschiedenen Erscheinungsformen der Ameisen in Kasten.
Oft kommt es beim Polymorphismus vor, dass es noch zusätzliche Ausprägungen innerhalb der Arbeiterkasten gibt (sogenannte Unterkasten). So weisen bei einigen Arten die Arbeiterinnen verschiedene Kopfformen oder Körperlängen auf. Die Arbeiterinnen mit besonders grossen Köpfen haben besonders kräftige Oberkiefer, was sie zu sehr leistungsfähigen Kämpferinnen macht. Sie werden, obwohl sie weiblich sind, als Soldaten bezeichnet. Bei einigen Arten ist dieser Polymorphismus so stark ausgeprägt, dass man gut zwischen Minor- (kleinen), Media- (mittleren) und Majorarbeiterinnen (grossen) unterscheiden kann.
Ein Spezialfall beim Polymorphismus ist das Auftreten von sogenannten Intermorphen. Es handelt sich dabei um gelegentlich auftretende Zwischenformen zwischen Arbeiterin und Königin, was allerdings eher selten vorkommt.
Das soziale Leben des Ameisenstaates
Wie wohl allgemein bekannt ist, sind Ameisen eusoziale (staatenbildende) Insekten, das heisst, sie leben nicht wie andere Insekten allein, also als „Einsiedler“, sondern in einem Staat. Jede Ameise ist also auf ihren Staat angewiesen und kann ohne ihre Artgenossen nicht überleben. Dabei tun die Ameisen nicht nur etwas miteinander sondern auch füreinander. Damit die Gemeinschaft funktionieren kann, kennen die Ameisen eine Art „Arbeitsteilung“, das heisst, dass z.B. Nahrungseintrag, Brutpflege, Nestbau und Verteidigung usw. von jeweils verschiedenen Arbeiterinnen erledigt wird. Damit der Ameisenstaat überleben kann, müssen sich verschiedene Generationen zusätzlich überlappen, was den Ameisen festen Zusammenhalt gibt und wichtig für den Fortbestand einer Kolonie ist.
Die Betreuung und Pflege der Arbeiterinnen
Bei allen Ameisen ist der Sauberkeitssinn sehr stark ausgeprägt. Die Fühler können mit den Putzapparaten, welche sich an den Vorderbeinen befinden, gereinigt werden. Um die anderen Körperteile zu reinigen, benutzen die Ameisen ihre Mundwerkzeuge (vor allem die Maxillen). Da das Mundfeld und die Mandibeln nach der Reinigung mit einem glänzenden Feuchtigkeitsbelag bedeckt sind, wird angenommen, dass das Belecken mit einer Einspeichelung verbunden ist.
Die Ameise ist zwar beweglich, jedoch ist es ihr nicht möglich, alle Körperstellen zu erreichen. Beim Caput, beim Thorax, beim vorderen Teil des Abdomens und bei den oberen Beingliedern ist sie total auf ihre Artgenossen angewiesen. Dadurch belecken die Arbeiterinnen auch ihre Artgenossen. Festhaftende Fremdkörper versuchen sie mit den Mandibeln zu entfernen (also auch Farbpunkte bei Markierungsversuchen).
Auch eine wichtige Rolle des Staatenlebens stellt das gegenseitige Füttern dar. Dabei geht es darum, dass alle Tiere mit Nahrung versorgt sind. Der Futteraustausch wird durch Fühlerschläge und Bewegungen der Vorderbeine auf den Kopf des Partners in Gang gebracht. Die hungernde Ameise berührt ausserdem mit den Kieferntastern die Maxillen der anderen. Durch diese Berührung wird ein Reiz ausgelöst, bei welchem die Futter anbietende Ameise eine Flüssigkeit auf den Maxillen ausbreitet. Bei dieser Flüssigkeit handelt es sich um Nährstoffe, die entweder aus dem Nahrungsspeicher oder aus dem Kropf hervorgewürgt werden (unter Umständen kann es sich auch um Drüsenprodukte handeln). Während die eine Ameise lebhaft den Tropfen in den Kropf saugt, hält die andere ganz still. Dabei wippen die Fühler und die Vorderbeine ganz langsam auf und ab. Bereits wenige Augenblicke später ist es der gefütterten Ameise möglich, den erhaltenen Nahrungstropfen wieder weiterzugeben.
Auch kommt es vor, dass Ameisen ihre Nestgenossen transportieren. Bei diesem Vorgang packt die eine Ameise die andere und zerrt sie von der Stelle. Zuerst zeigt die weg gezerrte Ameise Widerstand, jedoch krümmt sie sich plötzlich ein und berührt mit dem Caput die Spitze des Abdomens. Die Extremitäten werden dabei an den Körper gepresst. Dadurch können sich die Ameisen gegenseitig transportieren.
Die gleichen Pflegeleistungen zwischen Ameisenarbeiterinnen kommen auch den Königinnen zu. So werden sie geputzt, gefüttert und bei Umzügen von einem ins andere Nest getragen.
Die Nahrungsbeschaffung
Allgemein kann gesagt werden, dass sich die Ameisen von Insekten, Beeren, Samen, Honigtau und noch von vielen anderen Sachen ernähren. Die Ameisen, welche bei der Nahrungsbeschaffung beteiligt sind, erbeuten und sammeln eine so grosse Menge an Nahrung, dass ihr eigener Bedarf weit übertroffen wird. Sie sammeln nämlich für das ganze Volk. Die Arbeiterinnen bringen während des ganzen Tages gigantische Mengen Nahrung ins Nest. Hingegen in der Nacht (wenn es nicht gerade Vollmond ist) ziehen nur sehr wenige Tiere ein und aus. Bei der Nahrungsbeschaffung benutzen die Ameisen meistens ganz bestimmte Wege, welche von Nadeln, Zweigstücken und anderen Hindernissen befreit sind. Diese Strassen unterscheiden sich also auch von ihrer Erscheinung her von der Umgebung. Ameisenstrassen führen meist direkt zu einer Nahrungsquelle heran, so z.B. zu einem von Läusen befallenen Strauch.
Im Gegensatz dazu durchqueren die Insekten jagenden Ameisen den Waldboden viel breitflächiger und benutzen die Strassen überhaupt nicht oder nur für kurze Strecken. Da sich die Jagdgründe für Insekten ständig verlagern, verändern sich auch die Wege der Ameisen recht oft. Die Strassen zu den lausbesetzten Pflanzen bleiben hingegen über längere Zeit unverändert. Mit der Blattlauszucht der Ameisen werde ich mich nicht intensiver beschäftigen, da es ein nicht wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit ist. Es ist praktisch unmöglich, Blattläuse zu halten.
Die Insekten oder andere Tiere suchenden Ameisen können die Beutetiere mit ihren Augen oder ihren Fühlern erkennen. Die Fühler können jedoch nur „tastend riechen“, also nur bei einer Berührung ein Beutetier erkennen. Beim Sehen hingegen wirken nur Bewegungen angriffsauslösend. Das heisst, dass Tiere, welche sich nicht bewegen und nur wenige Millimeter von der Jagdameise entfernt stehen, nicht beachtet werden. Wenn jetzt also eine Jagdameise ein Beutetier findet, dann berührt sie es mit ihren Fühlern und verbeisst sich anschliessend in ihr Opfer. Durch den Biss bewegt sich die Beute heftig, dadurch wird die Angriffsintensität des Jägers gefördert. Zusätzlich werden andere sich in der Umgebung aufhaltende Ameisen auf die Beute aufmerksam. Dadurch treffen am Kampfplatz bald mehrere Ameisen ein, die sich auf die Beute stürzen und sie schliesslich erlegen.
Später wird dann die Beute abtransportiert, was je nach ihrer Grösse eine oder mehrere Ameisen tun. Beim Verzehren handelt es nicht um ein eigentliches Fressen, sondern eher um eine sogenannte extraintestinale Verdauung. Das bedeutet, dass die Ameise Speichel mit Verdauungsenzymen in die Beute spritzt, welcher das Fleisch zersetzt. Die Ameise leckt nachher die Lösung wieder auf und speichert es in ihrem Kropf, um später ihre Artgenossinnen zu Füttern. Die Insektenteile, die in Stücken zum Nest getragen werden, werden von den Nestinsassen verdaut und schliesslich auch verwertet. Es bleiben nur noch die unverdaulichen Chitinhüllen übrig. Bei einem übermässig grossen Nahrungsangebot ist es so, dass die Ameisen mehr Beutetiere in das Nest transportieren, als verwertet werden können. Nahrung, welche unbrauchbar geworden ist, wird dann wieder aus dem Nest hinaus transportiert und auf einem Abfallplatz abgelegt.
Das Nahrungsspektrum bei Ameisen ist je nach Art verschieden. In folgender Tabelle wird jedoch trotzdem einmal von den zwei Myrmekologen Wellenstein und Okland versucht das Nahrungsspektrum von Waldameisen auszudrücken:
DieTabelle zeigt das Nahrungsspektrum bei Waldameisen (aus: Gösswald,1989)Dabei ist ist die erste Spalte nach den Erkenntnissen von Wellenstein und die zweite von Okland.
43% 62% Trophobiose (Pflanzenlaushonig)
41% 33% Insekten
9% 4.5% Ausfliessende Pflanzensäfte
5% 0.2% Samen
2% 0.3% Pilze und andere seltene Nahrung
Die beiden Forscher kommen dabei aber auf unterschiedliche Ergebnisse, was zeigt, wie unterschiedlich das Nahrungsspektrum der verschiedenen Waldameisenarten ist.
Die Winterruhe
In der Zeit von Oktober bis März verfallen die einheimischen europäischen Ameisenarten, so auch Lasius Niger in eine art Ruhezustand. Da diese Ruhephase aufgrund des Winters in Gang gesetzt wird, also durch tiefere Temperaturen und weniger Nahrung, nennt man sie auch Winterruhe. Bei den Ameisen werden durch die niedrigen Temperaturen die Stoffwechsel verlangsamt und dadurch der Energiebedarf gesenkt. Die Winterruhe ist jedoch nicht das gleiche wie der Winterschlaf, da beim Winterschlaf die Energiegewinnung nur durch Fettabbau erfolgt. Für die Königin ist es durchaus wichtig, dass die Winterruhe eingehalten wird, da sie sich in dieser Phase erholen kann. Lasius Niger unterliegt hauptsächlich einem exogenen Jahresrhythmus, was bedeutet, dass länger andauernde niedrige Temperaturen die Winterruhe auslösen. Anschliessend nimmt die Aktivität der Kolonie ab und die Ei Produktion wird eingestellt. Die Ameisen beginnen ihre Winterruhe.
_fabi_ - 9. Nov, 15:10